Die etablierte Kongressmesse fiberdays 2025, veranstaltet vom BREKO Bundesverband Breitbandkommunikation e.V., fand Anfang April in Frankfurt/M. statt. Erstmalig wurde ein neues Format, der “International Carrier Exchange“, am 03. April 2025 mit einigen Panels integriert.
Den Auftakt machte das “Carrier Forum International“. Der Austausch und die Einschätzungen der Panelisten gaben ein interessantes Bild über die Bedarfslage für Glasfaser, KI als Treiber für Bandbreitenbedarf und Rechenzentren sowie andere Aspekte wieder.
Die Panelbesetzung wurde so zusammengestellt, dass Deutschland, Europa und ein Blick auf die USA vertreten waren: Wolfram Rinner (Geschäftsführer der GasLINE), Toby Williams (Chief Product Officer bei euNetworks), Dr. Michael Ritter (Sales Director Strategic Alliances bei Colt Technology Services), Talat Sahin (CSO bei Relined Networks) und Colman Deegan (CEO der Zayo Europe). Es ging um den Einfluss von Cloud, Social Media-Anwendungen und insbesondere künstliche Intelligenz, die einen fundamentalen Einfluss auf den zukünftigen Bedarf an verteilten Rechenzentren und Glasfasernetzen haben wird. Beispielhafte wesentliche Netzausbauprojekte im internationalen Bereich wurden von euNetworks und Colt Technology Services kurz vorgestellt.
Die Co-Moderation des Panels haben Sabine Zimmermann und Johannes Pruchnow, Geschäftsführer der Gabo Systemtechnik GmbH, übernommen. Johannes Pruchnow, der mit Anna Nass, Geschäftsführerin vom BREKO, im vergangenen Jahr die Idee des International Carrier Exchanges für die fiberdays als Erweiterung des Konzeptes entwickelte, hat mit seinem Team und als Host die gesamte Agenda und Pre-Organisation des neuen Tracks übernommen.

Die Resonanz auf dieses erste “International Carrier Panel“ auf der Agenda der fiberdays war sehr positiv, und die Themen – mit europäischem Scope – trafen den Zeitgeist der Telekommunikationsbranche
Die Bedeutung von Glasfaserinfrastruktur war ein zentrales Thema des Carrier-Panels. Glasfasernetze werden in Deutschland, Europa und in den USA weiterhin ausgebaut. Zwei beispielhafte Netzprojekte wurden in dem Panel angesprochen. Ein Netz mit optimierten Latenzzeiten für den Finanzsektor von euNetworks: Die kürzesten Trassen von London und Frankfurt/M. zum Euronext Exchange in Bergamo. Das Unternehmen setzt in diesem auf ultra-low-latency ausgerichteten Netz für die euTrade-Plattform auf neue Standards für die Qualität der Netzleistung. euNetworks verbaut in ihren Netzen den ganz neuen Fasertyp “Hollowcore Fibre“
Diese neue Technologie bietet im Vergleich zur Single-Mode-Faser ungefähr um ein Drittel reduzierte Latenzzeiten.
Colt Technology Services (CTS)hat eine Glasfaser-“Brücke“ zwischen den USA und Europa für den internationalen Datenverkehr mit einer direkten Glasfaserverbindung von dem transatlantischen Seekabel „Apollo South“ bis zum New Jersey Fiber Exchange (NJFX) gebaut. CTS liefert 7.000 Kilometer als Bestandteil des 13.000 Kilometer langen Apollo South-Systems.
Relined Fiber Networks hat das eigene Netz in den Niederlanden, in Deutschland und in Dänemark ausgebaut. Talat Sahin stellte heraus, dass es für die Branche auch um einen technologischen Shift gehe, was die Netze angeht. Relined Fiber Networks setzt ebenfalls auf “Holowcore Fiber“ als Innovation im Netzbetrieb.
AI ready infrastructure
Der Bedarf an Bandbreite explodiert – Cloud-Dienste, 5G, immer mehr Rechenzentren und der industrielle Datenverkehr als auch private Nutzer von Diensten treiben die Nachfrage an. Vor allem aber erhöht der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) die Anforderungen an höhere Bandbreiten. Das bestätigten alle Panelisten unisono: AI is driving an immense demand for much more network capacity!
Das gilt für Deutschland, Europa und die USA. „KI nimmt als wichtiges Thema an Bedeutung zu, aber wir sind weit hinter den USA. 90 Prozent der internationalen Investitionen fließen in KI-Fähigkeiten und Artificial Intelligence-Modelle in den USA. Davon profitiert unsere US-Schwestergesellschaft, insbesondere mit unseren über das Land verteilten Long-Haul Fiber Capacities. Europa hat die reale Möglichkeit, bei der KI-Entwicklung aufzuholen. Bei Zayo Europe sind wir darauf fokussiert, dieses Wachstum mit unserer Glasfaserinfrastruktur ebenfalls im Weitverkehrsbereich und mit grenzüberschreitenden Netzkapazitäten aucg die Geschwindigkeit zu unterstützen“, sagte Colman Deegan, CEO von Zayo Europe. „Das Quantum an Investitionen, die Geschwindigkeit an Investitionen sind in den USA viel schneller als in Europa“, betonte er den Unterschied in den Märkten in Bezug auf die Relevanz von KI.

Colman Deegan, CEO Zayo Europe: „KI nimmt als wichtiges Thema an Bedeutung zu, aber wir sind weit hinter den USA. 90 Prozent der internationalen Investitionen fließen in KI-Fähigkeiten und Artificial Intelligence-Modelle in den USA.“
Der technologische Siegeszug der KI hat nicht nur die Art verändert, wie Unternehmen arbeiten, sondern stellt auch die digitale Infrastruktur vor neue Herausforderungen. Immer leistungsfähigere Modelle, wie etwa GPT-4, Googles Gemini oder spezialisierte Branchenlösungen, benötigen eine immense Menge an Rechenleistung – und damit auch eine kontinuierlich steigende Datenübertragung. Für Carrier-Netze und Betreiber von Rechenzentren bedeutet diese Entwicklung zum vielschichtigen Einsatz von KI eine strukturelle Revolution.
KI erfordert breite Verfügbarkeit
Der vermehrte KI-Einsatz hat direkte Auswirkungen auf die Glasfasernetze als Rückgrat der globalen Dateninfrastruktur. Die Glasfasertechnologie bietet zwar grundsätzlich die nötige Kapazität, doch die physische Infrastruktur ist in vielen Regionen nicht ausreichend ausgebaut, um mit dem wachsenden Datenvolumen Schritt zu halten. Die Ertüchtigung bestehender bisher nicht genutzter Netztrassen und Kapazitäten in Leerrohr-Infrastruktur gewinnt neben dem kontinuierlichen Ausbau neuer Glasfaserverbindungen an strategischer Bedeutung. Besonders kritisch wird die sogenannte "Middle Mile", also der Transportweg zwischen lokalen Netzwerken und zentralen Rechenzentren. Hier zeigt sich oft, dass Bandbreitenengpässe nicht in der Endkundenanbindung, sondern im Transportnetz auftreten – genau dort, wo KI-Systeme ihre Daten in großem Maße bewegen.
„GasLINE baut von Anbeginn das eigene Glasfasernetz kontinuierlich aus. Der Netzausbau und die Vermarktung unbeleuchteter Glasfaserkapazitäten ist unser Kerngeschäft. Aktuell vermarkten wir 65.000 Kilometer Netzinfrastruktur und bauen das eigene Netz bis 2029 um weitere 5.000 Kilometer aus. Die steigende Nachfrage durch KI wird bei der zukünftigen Netzplanung berücksichtigt, wenn beispielsweise Edge-Rechenzentrumsstandorte mit Glasfaser angebunden werden“, erläutert Wolfram Rinner, Geschäftsführer der GasLINE. Ergänzend betonte er: „Internet kann nur entstehen, indem Carrier und Betreiber von Rechenzentren zusammenarbeiten. Denn der einzige Weg, heute und in Zukunft Rechenzentren zu betreiben, ist der Anschluss an ein leistungsfähiges Glasfasernetz.“
Das Training der KI-Anwendungen erfolgt nicht mehr nur in Hyperscale-Datacentern, sondern zunehmend auch in verteilten Architekturen. Hier spielen zukünftig die Edge-
Rechenzentren für Edge-Computing eine entscheidende Rolle. Es entstehen komplexe Datenökosysteme, in denen Bandbreitenverfügbarkeit, kurze Latenzzeiten und Ausfallsicherheit zu kritischen Faktoren werden. Carrier stehen unter Druck, ihre Backbones auf die neue Realität auszurichten. Wo früher große Datenmengen planbar und phasenweise verarbeitet wurden, verlangt der KI-Verkehr nach permanenter, hochperformanter Verfügbarkeit, so der gemeinsame Tenor des International Carrier Panels.
Dazu kommt der Anspruch an Resilienz, die schon im Kontext KRITIS und maximierter Ausfallsicherheit in den letzten Jahren hohe Anforderungen an Netzinfrastrukturen stellte. Infrastrukturanbieter wie GasLINE und Carrier, als Betreiber kritischer Infrastrukturen, berücksichtigen redundante Strecken bei der Netzplanung im strategischen Breitbandausbau und im Einsatz redundanter Strecken für Geschäftskunden, wenn es um deren unternehmenskritische Daten und Anwendungen geht. Dies ist jedoch eine Entscheidung der Unternehmen, wie sie ihr Sicherheitskonzept umsetzen und als Back-up redundante Verbindungen betreiben, die im Störfall als Ersatz eingesetzt werden können.
Hyperscaler als Partner
Bei der Frage nach den relevanten Entwicklungen aus den USA waren High Performance Computing (HPC) und die US-Hyperscaler als globale Schwergewichte der Cloud-Infrastruktur das Hauptthema. Unternehmen wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und Google Cloud dominieren diesen Markt, indem sie Rechenleistung, Speicherplatz und Netzwerkressourcen global bereitstellen.

Wolfram Rinner, Geschäftsführer GasLINE: „Die erste Frage bei der Planung für die Errichtung eines neuen Rechenzentrums ist mittlerweile die Verfügbarkeit von Strom in der Nähe des geplanten Standortes.“
Hyperscaler positionieren sich längst nicht mehr vorwiegend als Anbieter von IaaS (Infrastructure-as-a-Service). Ihr Portfolio umfasst auch PaaS (Platform-as-a-Service)- und SaaS (Software-as-a-Service)-Angebote, Künstliche Intelligenz, Datenanalyseplattformen und branchenspezifische Lösungen. Damit greifen sie tief in Wertschöpfungsketten ein und binden Unternehmen langfristig an ihre Ökosysteme. Eine strategische Rolle spielt dabei der Aufbau eigener Glasfasernetze und der Eigenbetrieb von Rechenzentren in relevanten Regionen. Diese verteilte physische Infrastruktur ist entscheidend für kurze Latenz und Redundanz. Ob diese Hyperscaler dadurch auch eine Gefahr für die klassischen Carrier und einen Infrastrukturlieferanten wie GasLINE seien, wurde von Sabine Zimmermann als Frage an Wolfram Rinner adressiert: „Nein, sicherlich haben die Hyperscaler die nötigen finanziellen Mittel, um eigene Glasfasernetze aufzubauen. Doch die Vermietung von Glasfasern und das Anbieten von gema-nagten Bandbreiten an Dritte ist nicht deren Kerngeschäft. Wir arbeiten mit Hyperscalern als deren langfristiger Infrastrukturpartner zusammen, die unsere Glasfasern anmieten, um sie für ihre Netze zu nutzen.“
Energiebedarf HPC-Rechenzentren
Der Energiebedarf moderner Rechenzentren spielt eine zentrale Rolle, da bestand Einigkeit auf dem Panel. Es geht nicht primär um die Verfügbarkeit von Konnektivität in Rechenzentren, sondern um eine gesicherte hohe Energieversorgung, idealerweise mit grünem Strom, im Interesse der Nachhaltigkeit. „Die erste Frage bei der Planung für die Errichtung eines neuen Rechenzentrums ist mittlerweile die Verfügbarkeit von Strom in der Nähe des geplanten Standortes“, betont Wolfram Rinner. GasLINE hat Kunden im Rechenzentrumsmarkt und bindet deren Colocation-Kunden an die Internetknoten, vorrangig an den DE-CIX, an.
Colt Technology Services sieht die Aufgabe auch darin, neue Standorte mit Glasfaser zu erschließen. Bei deren Auswahl sei für die Betreiber nicht mehr entscheidungsrelevant, ob dort schon genügend Glasfaser vorhanden ist. Ein Standort kann jederzeit mit Netzen erschlossen werden, auch durch mehrere Anbieter für multiple Konnektivität zur Auswahl für die Kunden sowie für redundante Netzstrukturen. Talat Sahin bestätigte diese Situation auch für die Niederlande. Die Stromverfügbarkeit sei auch im Nachbarland die Restriktion oder die Grundvoraussetzung für die Auswahl neuer Standorte für Rechenzentren.
Der Betrieb KI-getriebener Anwendungen ist stromintensiv – nicht nur in Rechenzentren, sondern auch im Netzwerkbetrieb. Je größer die Datenmengen, desto höher der Energiebedarf der Netzwerkinfrastruktur. Dies zwingt Carrier und Betreiber zum Umdenken. Nachhaltigkeit wird in der Branche zu einem weiteren Wettbewerbsfaktor, was wiederum die Modernisierung von Glasfaserinfrastruktur mit energieeffizienteren Komponenten beschleunigt.
Die Resonanz auf dieses erste “International Carrier Panel“ war sehr positiv, und die Themen mit europäischem Fokus trafen den Zeitgeist der Telekommunikationsbranche. Die Entwicklung der KI wird die Anforderungen an die TK-Branche, Internet Service Provider, Netzbetreiber, Infrastruktur- und Rechenzentrumsbetreiber deutlich verändern. Das gilt in Deutschland, Europa und in den USA, die hier in der führenden Position sind, wie die von Colman Deegan wiedergegebene Verteilung der Investments in KI im Vergleich der USA (90%) zu den Engagements in anderen internationalen Märkten deutlich aufzeigt. Der Wettbewerbsanspruch der großen US-Hyperscaler und von der neuen Regierung, das erklärte persönliche Ziel, „Achieving the AI leadership worldwide“, lassen keine Zweifel, wer in dem digitalen KI-Bereich dominieren wird.
Für alle Länder gilt das Gleiche: Die Infrastruktur muss sich mit entwickeln, damit künstliche Intelligenz in allen Anwendungen zuverlässig verfügbar und unterbrechungsfrei funktioniert und mit einem Qualitätsanspruch der KI-Entwicklungen zukünftig Schritt halten kann.
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(Fotos: Gasline)